ATLAS setzt Grenzen auf anomale quartische Kopplungen

Das ATLAS-Experiment hat die simultane Produktion dreier Eichbosonen im Wγγ-Endzustand beobachtet und Grenzen auf die Stärke der Vier-Boson-Kopplung WWγγ gesetzt. Drei-Boson-Produktionsprozesse erlauben Rückschlüsse auf die Kopplung der elektroschwachen Eichbosonen untereinander und ermöglichen damit einen Blick auf einen zentralen Aspekt des elektroschwachen Sektors des Standardmodells. Zusammen mit der niedrigen Produktionsrate, die eine Messung dieser Prozesse erst am LHC möglich macht, bieten Drei-Boson-Produktionsprozesse ein Fenster in einen Bereich des Standardmodells, der bisher nur wenig experimentell überprüft werden konnte.

Die Herausforderung der Messung des Wirkungsquerschnitts der Wγγ-Produktion ist die Trennung der Signalereignisse vom Untergrund. Dabei erschwert die niedrige Produktionsrate des Signalprozesses und die Präsenz von deutlich häufiger auftretenden Untergrundereignissen mit experimentell ähnlicher Signatur diese Aufgabe enorm. Die invariante Masse der beiden Photonen, mγγ, in Ereignissen, die im pp → W(μν)γγ + X Kanal selektiert werden, ist im Schaubild zu sehen; es zeigt die gemessenen Daten im Vergleich zur erwarteten Summe der Ereignisse von Untergrundprozessen und der Vorhersage des Standardmodells für die Wγγ-Produktion. Aus dem Ergebnis ermittelt sich der Wirkungsquerschnitt der Wγγ-Produktion.
 
Die Daten wurden auch benutzt, um Ausschlussgrenzen auf mögliche Abweichungen der WWγγ-Vier-Boson-Kopplung von der Vorhersage des Standardmodells zu setzen. Solche Abweichungen könnten auf die Existenz neuer physikalischer Phänomene jenseits des Standardmodells hinweisen. Dabei wird erwartet, dass potentiell neue Beiträge zur Wγγ-Produktion insbesondere bei grossen Werten der invarianten Zwei-Photonmasse, mγγ, auftreten. Als Ergebnis der Analyse ergibt sich, dass die resultierenden Ausschlussgrenzen auf anomale Beiträge zur WWγγ-Kopplung allesamt mit Null verträglich sind. Damit wird das Standardmodell durch eine weitere Messung, die einen bisher wenig getesteten Aspekt beleuchtet, bestätigt.
 
Die Resultate der ATLAS-Analyse bei einer LHC-Schwerpunktsenergie von 8 TeV wurden im März bei Physical Review Letters eingereicht [arXiv:1503.03243]. Im Frühjahr wurde die Analyse ausserdem auf der Konferenz "Rencontres de Moriond" und der Frühjahrstagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft in Wuppertal vorgestellt.
 
Die Arbeiten an der Analyse wurden im Jahr 2012 an der Universität Heidelberg und der Université de Genève begonnen und jetzt abgeschlossen. Zusätzlich beteiligt waren auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anderer Institute, insbesondere der Duke University, der Universität Paris-Saclay und des Argonne National Laboratory.

 

Invariante Zwei-Photonen-Masse für selektierte pp → W γ γ → μνγγ Ereignisse. Die schraffierte Fläche zeigt die kombinierten systematischen und statistischen Unsicherheiten der Untergrundabschätzung.

Newsflash_April_2015

 



 
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